Die langen Wintermonate ohne Segelsetzen, Wind und ordentlich Wasser unter dem Kiel waren Anfang April endlich vorbei. Insgesamt acht Seglerinnen und Segler machten sich am 6. April bepackt mit ausreichend warmer Kleidung mit der Deutschen Bahn auf den Weg nach Breege auf Rügen. Von hier aus erfolgte aus dem kleinen beschaulichen Hafen der Start mit zwei Bavaria 40 und zwei 4er Crews am Sonntagmorgen der Aufbruch Richtung Flensburg. Wir hatten aber nicht die Ambitionen wie die 60 Boote, die bereits am Samstagmorgen ab 5.30 Uhr aufgebrochen sind, non-stop Flensburg zu erreichen. Unser Ziel war es in einer Woche mit den nötigen Zwischenstopps nach Flensburg zu kommen. Um 8.30 Uhr am Sonntag hieß es „Leinen los!“. Viel Wind sollte uns der Sonntag nicht bringen, aber nach einem kurzen Kennenlernen des jeweiligen Bootes für die Crew machten wir uns unter Motor auf den Weg Richtung Ansteuerung Hiddensee. Um 10.45 Uhr waren wir endlich wieder auf der Ostsee. Für eine kurze Zeit am Nachmittag konnten auch die Segel gesetzt werden, bevor wir am Abend bei Sonnenschein in einen wundervollen Naturhafen einliefen. Ohne Versorgungsmöglichkeiten an Land beköstigte die Crew der Edda alle Reisenden mit einem leckeren Eintopf. Das gemeinsame Essen sollte sich nur als Start in eine Gourmetwoche mit vielen Leckereien entwickeln. Trotz eines anstrengenden Tages wollten sich alle anschließend noch die Beine vertreten und die schöne Natur bewundern. Erst als wir auf ein friedlich grasendes Wildschwein stießen, traten wir im Sonnenuntergang den Rückweg zu den Schiffen an, denn wo ein Wildschwein ist, sind auch mehrere und auf ein solches Erlebnis wollten wir uns nicht einlassen. Bei nächtlicher Flaute verbrachten wir eine ruhige, erste Nacht an Bord.
Die Zeit für ein ausgiebiges Frühstück an Bord haben wir uns jeden Morgen genommen. Um 9 Uhr machten wir uns bei sehr guten Windverhältnissen auf den Weg Richtung Warnemünde – „Yachthafen Hohe Düne“. Mit stetig zunehmendem Wind aus Nordost mit 3 bis 5 Beaufort (Bft.) und sonnigem Wetter ließ der Tag jedes Seglerherz höher schlagen. Nachdem wir erst kurz vor der Hafeneinfahrt die Segel einholen mussten, folgte noch eine Herausforderung. Die schräg zur Hafeneinfahrt aufschlagenden Wellen mussten abgeritten werden, um anschließend im 90 Grad Winkel die Hafeneinfahrt zu treffen. Aber auch das gelang ohne Probleme. Anschließend im ruhigeren Hafenwasser galt es nur noch einen Liegeplatz zu finden. Nach dem gemeinsamen Anlegebier, hieß es dann auf nach Warnemünde. Übergesetzt mit der Fähre über die Warnow kehrten wir in das am Alten Strom in Warnemünde gelegene Herberts Restaurant und Café ein. Eine Gaststätte, die uns auf Nachfrage von einem Passanten empfohlen wurde. Es war eine tolle Empfehlung, wir kommen gerne wieder. Nach einem Gang durch die Altstadt kehrten wir auf die andere Warnowseite zurück und ließen den Abend bei einem Tässchen Grog gemütlich ausklingen. Nicht nur das Segeln sondern auch die Geselligkeit darf nicht zu kurz kommen.
Am nächsten Morgen haben wir unsere Auslaufzeit den angekündigten besseren Windverhältnissen ein wenig angepasst. Auslaufen um 9 Uhr, damit uns der bis auf 3 Bft zunehmende Wind bis zum Nachmittag Richtung Burgtiefe auf Fehmarn bringen konnte. Bis zum Südostzipfel von Fehmarn „Staberhuk“ hat das auch gut funktioniert, aber ab dort mussten wir den Motor zum Erreichen des Hafens zur Hilfe nehmen. Nach dem Anlegen in Burgtiefe konnten wir in der Plicht der Edda die Sonne genießen, bevor wir am Abend zum nächsten Gourmetevent aufbrechen. Die StrandPizzeria im IFA am Südstrand beköstigte uns mit leckeren Vorspeisen – die Parmesansuppe ist hier sehr zu empfehlen. Aber auch die Pizza mit besonders dünnem Boden und leckeren Belagvarianten ließen unsere Gourmetherzen höher schlagen. Auch der anschließende Espresso wurde von unserem italienischen Crewmitglied Rocco als der beste der Reise ausgezeichnet. Den Abend ließen wir nach einem kurzen Spaziergang ruhig ausklingen.
Donnerstag trennte uns das Schießgebiet der Marine „Putlos“ von unserem nächsten Ziel in der Kieler Förde. Nach einem kurzen Funkkontakt mit der Truppenübungsplatzkommandantur in Todendorf war klar, wir dürfen das Schießgebiet queren und konnten somit die nordöstlichen Winde der Stärke 4 Bft mit Geschwindigkeiten von bis zu acht Knoten optimal nutzen, um nach knapp sieben Stunden Segelzeit und einer zurückgelegten Strecke von 38,5 Seemeilen die Hafeneinfahrt von Laboe zu erreichen. Nachdem die Charly Kraut sich mit dem Vorsegel zur Hafeneinfahrt treiben ließ, war die Edda unter Motor ein Stück voraus. Zur Überraschung des Skippers tauchte auf einmal längsseits die Wasserschutzpolizei auf und kündigte nach dem Anlegemanöver einen Besuch zur allgemeinen Verkehrskontrolle an. Öfter mal was neues! Neben dem Bootsführerschein und dem Funkzeugnis des Skippers, kontrollierte die Wasserschutzpolizei neben den Schiffspapieren insbesondere TÜV-Stempel an Rettungswesten und Rettungsinsel sowie die Signalmittel für den Notfall. Auch wenn die Charly Kraut später im Hafen von Laboe festmachte, folgte auch hier eine entsprechende Kontrolle. Nachdem der verantwortliche Polizist vom Skipper der Charly Kraut verarztet worden ist, verließen die Polizisten wieder den Hafen. Die Skipper durften die Fahrt mit ihren Crews am nächsten Morgen fortsetzen. Das Anlegebier hatten sich die Crews nach der der Kontrolle, die für alle neu war, besonders verdient. Nach dem frühen Hafenbesuch setzten wir unsere Gourmetreise an diesem Nachmittag mit dem Besuch eines italienischen Eiscafés fort. Spaghettieis und Cappucino waren hierbei die beliebten Bestellungen. Nach einem kurzen Einkauf die die Vorräte an Bord wieder aufzufüllen, ging es zurück zu den Schiffen. Die abendliche Gourmetfortsetzung führte uns in die Fischküche Laboe. Wie der Name der Restauration schon ausdrückt, ein Fischrestaurant mit größeren und kleineren Leckereien. Aufgrund unserer Mannschaftsstärke von acht Personen mussten wir dem guten Besuch in dem Restaurant geschuldet einige Minuten auf einen freien Tisch warten, aber das Bier und der Grog schmeckten auch auf der Terrasse.
Nur noch zwei Etappen bis nach Flensburg, aber ein Zwischenstopp wartete ja noch auf uns. Bei Flaute liefen wir am Donnerstagmorgen aus der Kieler Förde aus. Aber bereits in Höhe des Leuchtturms „Bülk“ konnten wir die Segel hissen. Gerade in dem Moment schoss der Seenotkreuzer „Berlin“ der DGzRS in Einsatzfahrt an uns vorbei und nahm Kurs in Richtung eines Fischerbootes einige Seemeilen nördlich voraus. Nach wenigen Minuten kehrte der Seenotkreuzer mit gleicher Geschwindigkeit und vermutlich einer verunfallten Person an Bord, Richtung Laboe zurück. Wir setzten unseren Törns mit 2-3 Bft Richtung Flensburger Förde fort. Erstmalig auf diesem Törn erwischte kurz nach der Schleimündung eine Schlechtwetterfront mit Regen und Hagel. Aber auch dieses ging vorüber. Nach dem schlechten Wetter folgte aber eine Flaute, die uns nur ein Fortkommen mit geringer Geschwindigkeit ermöglichte. Der Leuchtturm „Kalkgrund“, der markante Hinweis auf die Einfahrt in die Flensburger Förde, wurde von der Crew der Edda nördlich umfahren, die Charly Kraut folgte dem Vorschlag des Plotters, den Leuchtturm südlich zu umfahren. Allerdings verließ sich die Crew nicht blind auf die elektronische Navigation, sondern testete die Tiefenvoraussetzungen an der 10 und 7 Meterlinie der Seekarten. Hier betrug der Wasserstand + 1 Meter was die südliche Querung erlaubte. Langballigau, unser Ziel des Tages war noch wenige Seemeilen entfernt und gut mit Motorunterstützung zu erreichen. Festgemacht im Hafen kam auch die Sonne wieder und die kühleren Phasen des Tages waren schnell vergessen. Bereits im November hatten wir das Lokal „Strandterrasse“ – Das Restaurant in Langballigau aufgrund von Empfehlungen in unseren Törnplan aufgenommen. War es im November noch der Fisch, so war es diesmal „Burger und Schnitzel – All you can eat“ was allen mundete. Die abendliche Planung für den nächsten Tag sagte segelbaren Wind erst ab 11 Uhr voraus. Somit konnten sich die Crews über Ausschlafen am nächsten Morgen freuen.
Tatsächlich stachen wir um 11 Uhr in See, um die letzten 13 Seemeilen nach Flensburg zurückzulegen. Es war keine steife Brise, aber segelbarer Wind bei angenehmen Temperaturen. Wie in den Tagen des Törns schon bekannt, war es erneut die Edda, die auch nach dem letzten Schlag als Erste den Hafen erreichte. Gegen 15.30 Uhr konnten beide Boote fristgerecht im Hafen „Niro Petersen“ festmachen. Für das Abendessen haben sich die Crews getrennt. Die einen hatten noch genügend Reserven an Bord, die noch gegessen werden mussten. Die andere Crew ließ die Gourmetreise am letzten Abend mit einem Besuch des „Börsenkellers“ in Flensburg ausklingen. Auch wenn wir das erste Mal auf unserer Reise keinen dänischen Hafen angesteuert haben, so waren wir doch am letzten Abend umgeben von vielen netten dänischen Gästen. Wenigstens zum Abschluss noch ein wenig Nordisches. In Hansens Brauhaus ließen dann beide Crews den Abend gemeinsam ausklingen. Vier Crewmitglieder fanden am Freitagabend noch nicht sofort den Weg zurück auf das Schiff, sondern in einer weiteren Kneipe wollten wir den Abschluss finden. Hier kamen mit mit Oliver Berking, Inhaber der Yachtwerft Robbe & Berking Classics in Flensburg, in ein interessantes Gespräch über klassische Segelyachten.
Ein wiederum äußerst gelungener Törn und ein schöner Einstieg in die Segelsaison 2019 ging am Samstagmorgen mit der Rückreise zu Ende. Die Ostsee ist zu allen Jahreszeiten einen Segeltörn wert. Nicht nur der Sommer, auch der April oder der November haben seine Reize. Die Häfen sind leer und die unendliche Weite der Ostsee gehört einigen Wenigen. Die Versorgung an Land hingegen ist im April aber schon deutlich komfortabler als im November.
Markus Illigens